Porsche investiert in neue Batterien – 

So leistungsfähig ist das neue Material

Mit 100 Millionen Dollar beteiligt sich Porsche am Spezialisten Group14. Mit neuen Anoden sollen Akkus 50 Prozent mehr Leistung bei gleichem Gewicht erreichen.

Post date: May 4, 2022 12:00 PM

Stuttgart, Düsseldorf. Für neue leistungsfähige Batterien darf Porsche im Volkswagen-Konzern mit viel Geld erneut Sonderwege beschreiten: Erst kündigten die Zuffenhausener 2021 an, eine Hochleistungs-Batteriezellfabrik selbst zu bauen. Dann beteiligte sich der Wagniskapitalableger Porsche Ventures am Kooperationspartner und Batteriespezialisten Customcells. Nun sichert sich der Sportwagenbauer mit einer direkten Beteiligung eine neue leistungsfähigere Zelltechnologie für das neue Werk.

Für rund 100 Millionen US-Dollar beteiligen sich die Zuffenhausener am US-amerikanischen Unternehmen Group14 Technologies, einem Hersteller von Silizium-Kohlenstoff-Technologie für Lithium-Ionen-Batterien mit Sitz in Woodinville (Washington, USA), wie das Unternehmen mitteilt.

Das von der deutschen Autoindustrie lange Jahre unterschätzte Batteriethema hat es inzwischen ganz nach oben auf die Prioritätenliste des Managements geschafft. „Die Batteriezelle ist der Brennraum der Zukunft“, erklärte Porsche-Chef Oliver Blume zuletzt. Nicht Hubraum und PS entscheiden künftig über den Erfolg, sondern die Leistungsfähigkeit der Batterie. Und hier will sich die sportliche VW-Tochter im Elektrozeitalter von der automobilen Konkurrenz abheben.

Die Chance auf einen großen Innovationssprung liegt im Anodenmaterial. Neues siliziumhaltiges Material kann Batterien deutlich leistungsfähiger machen. Dadurch können nach Unternehmensangaben die Batterien der Zukunft bei gleicher Größe bis zu 50 Prozent mehr Energie speichern. Für Porsche heißt das: mehr Reichweite.

Die neuartige Chemie ermöglicht zudem kürzere Ladezeiten, ein weiterer Schlüssel zum Durchbruch der Elektromobilität: Weil der Innenwiderstand mit dem neuen Material verringert wird, kann die Batterie schneller aufgeladen werden und beim Bremsen oder Bergabfahren mehr Energie aufnehmen.

„Der einzige Anbieter, der seine Produktion jetzt hochfahren kann“

„Unser Ziel ist es, im weltweiten Wettbewerb um die leistungsstärkste Batteriezelle zu den führenden Unternehmen zu gehören“, betont Finanzchef Lutz Meschke, der bei Porsche auch für das Beteiligungsgeschäft zuständig ist und solche Deals wie mit der Group14 einfädelt. Der Sportwagenbauer führt bei dem Unternehmen eine Finanzierungsrunde mit einem Gesamtvolumen von 400 Millionen Dollar (328 Millionen Euro) an.

Die Begeisterung ist auch bei den anderen Geldgebern groß: Wagniskapitalinvestor Herbert Mangesius von Vsquared Ventures spricht von einem „Gamechanger“ mit Blick auf das Material und den neu gewonnenen Partner für Porsche. Zwar arbeiten schon einige Unternehmen an dem neuen Material. Es gebe aber bisher nur ganz wenige Firmen, die auch in größerem Umfang liefern können.

„Group14 ist der einzige Anbieter, der seine Produktion schon jetzt zu einem interessanten Preispunkt auf das nötige Volumen hochfahren kann“, sagt Mangesius.

Auch Berater wie Christoph Theis von P3 halten den eingeschlagenen Weg für vielversprechend: „Silizium als Material auf der Anode ist schon der absolut richtige Weg.“ Der Berater hatte das Projekt begleitet und seine eigene Beteiligung an Porsches Batteriepartner Customcells vor einigen Monaten an Porsche verkauft.

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Hervorgegangen ist Group14 aus EnerG2, einem Unternehmen, das 2016 von BASF gekauft wurde. Später trennten sich zwei der EnerG2-Gründer wieder von dem Chemiekonzern. Rick Luebbe und Aaron Feaver erhielten von BASF Venture Capital allerdings noch ein Frühphaseninvestment für ihr neues Unternehmen Group14. Seitdem ist die BASF-Gruppe über ihren Venture-Arm an Group14 beteiligt.

„Group14 hat sich zum Ziel gesetzt, die Leistung heutiger Lithium-Ionen- und zukünftiger Festkörper-Batterien zu verbessern, um die globale Energiewende zu beschleunigen“, sagt Rick Luebbe, Mitbegründer und CEO von Group14. Mit dem frischen Kapital soll jetzt nach Südkorea eine weitere Fabrik für Anodenmaterial in den USA hochgezogen werden.

Ziel ist es, von dort die geplante Batteriezellfabrik von Porsche und Customcells mit dem Anodenmaterial zu beliefern. Der Baubeginn in der Nähe von Reutlingen ist für das laufende Jahr geplant, der Produktionsstart für 2024. In der Fabrik sollen pro Jahr dann Hochleistungsbatteriezellen für 1000 Fahrzeuge hergestellt werden.

Zunächst will Porsche die Aggregate für den Rennsport und nur in speziellen Modellen teurer Sonderserien einsetzen. Später könnte die Technologie in weiteren Baureihen eingesetzt werden.

Die Standard-Batterien für die großen Serien wie dem Taycan bezieht Porsche allerdings aus anderen Quellen. Porsche-Mutter Volkswagen will die Lücken in Zukunft schließen. Die Wolfsburger nehmen gerade Riesensummen in die Hand, um mit Partnern neue Zellfabriken zu bauen.

Bis zum Jahr 2030 wird der Konzern allein in Europa sechs sogenannte „Gigafactories“ mit einer Jahreskapazität von jeweils 40 Gigawattstunden (GWh) errichten. Diese Menge soll ausreichen, um jährlich gut fünf Millionen Elektroautos mit den nötigen Batterien zu bestücken.

Laut Branchenschätzungen wird der Kraftakt Volkswagen 15 bis 20 Milliarden Euro kosten. Auch Daimler hat angekündigt, selbst Zellfabriken mit Partnern hochzuziehen. BMW will dagegen seine Akkus weiterhin nur zukaufen.

Batterietechnik: interessantes Feld für Investoren

An der nun abgeschlossenen dritten großen Finanzierungsrunde von Group14 hat sich ein breites Spektrum an Investoren beteiligt. Neben Porsche investieren die Wagniskapitalgeber Vsquared Ventures und Moore Strategic Ventures aus New York, der kanadische Pensionsfonds OMERS Capital Markets, die Finanzinvestoren Blackrock und Temasek und der Private-Equity-Finanzierer Riverstone.

Von der Münchner Firma Vsquared kommen allein rund 50 Millionen Euro. Das ist für den Spezialisten für forschungsgetriebene Start-ups ein außerordentlich großes Investment. Die Firma hat dafür einen dedizierten Batteriefonds gestartet, der 100 Millionen Euro umfasst und noch wachsen soll. Einen so großen Anteil eines Fonds in eine einzige Firma zu investieren, ist ungewöhnlich im Wagniskapitalgeschäft. Mangesius begründet den Schritt mit einem geringen Risiko bei dem Investment.

Er glaubt, dass auch andere Investoren neue Wege gehen werden, um am Batterie-Boom zu partizipieren: „Batterie-Elektrifizierung ist ein unglaubliches Wachstumsthema“, sagt Mangesius. Für den neuen Investmentfokus konnte er vor allem Family Offices aus dem Münchner Umfeld gewinnen. Zu den Beteiligten zählen Helmut Jeggles Salvia, Achleitner Ventures von Ann-Kristin und Paul Achleitner und Metaplanet vom Skype-Gründer Jaan Tallinn.